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Tierschutz oder Züchter? Teil 1 – Hunde aus dem Ausland

Wer einen Hund bei sich aufnehmen möchte, steht vor einer wohlüberlegten und schwierigen Entscheidung. Welcher Hund passt zu mir? Nehme ich Kontakt zu einem Züchter, einem Tierheim oder einer Tierschutzorganisation auf, die sich für „Hunde in Not“ aus dem Ausland engagiert? Wir haben mit Katharinas Freundin Sabine gesprochen. Sie nahm nach dem Tod ihrer Labrador Retriever Karl und Paula zwei Tierschutzhunde aus Rumänien auf …

Tina und Tommy sind Mutter und Sohn und wohnen jetzt seit Ende 2016 bei euch. Könntest du die Zeit zurückdrehen – würdest du die Entscheidung genauso wieder treffen?


Sabine: Auf jeden Fall. Einem Hund ein neues Zuhause zu geben, der es vorher nicht gut hatte, steht für mich an erster Stelle. Die Tierheime hier in Deutschland sind nicht vergleichbar mit Tierheimen in Rumänien oder z. B. auf Zypern. Dort sind es gleichzeitig oft Tötungsstationen. Dort – und übrigens oft auch in ihrem alten Zuhause – werden die Hunde an Ketten gehalten und misshandelt. Oder sie leben auf der Straße und müssen sich selbst durchschlagen.

Hattest du vorher schon Erfahrungen mit Hunden aus dem Tierschutz?


Sabine: Nein. Wir haben eine Zeit lang in Brasilien gelebt – einem Land, in dem die Kluft zwischen Arm und Reich doch recht groß ist. Mein Mann hat dort gearbeitet und ich habe Karl und später Paula, zwei Retriever, aufgenommen. Mein Anfangswunsch war, jemanden zu haben, der unser Haus bewacht. Bald waren die beiden echte Familienhunde und hatten es bei uns besser als so manch‘ anderer Hund in Brasilien.

Du hast Tina und Tommy im Internet kennengelernt. Nach welchen Kriterien hast du die beiden ausgesucht?


Sabine: Karl und Paula sind nach unserer Rückkehr nach Deutschland noch über 10 Jahre alt geworden. Etwa ein halbes Jahr nachdem sie starben, begann ich, nach Tierschutzorganisationen zu suchen, die Hunde aus dem Ausland vermitteln. Über die Internetseite des Vereins „Hundeliebe-grenzenlos“ habe ich sie gefunden. Mir war egal, wie sie aussehen – nur groß sollten sie sein. Tina und Tommy standen ganz oben auf der Vermittlungsliste, das war für mich entscheidend.

Welche Infos zur Geschichte hat die Tierschutzorganisation dir geben können?


Sabine: Das ist eine gute Frage, denn oft gibt es schlicht keine Infos über die Lebensgeschichte der Fundhunde. Das war bei uns leider nicht anders. Darauf muss man sich auch einlassen können, denn feststeht, dass man nicht genau weiß, was auf einen zukommt. Uns dann ist es natürlich noch ein Unterscheid, ob man einen Welpen zu sich nimmt oder einen älteren Hund.

Hast du dich gut beraten gefühlt?


Sabine: Ja. Ich habe viel mit den Vermittlerinnen in Deutschland und Rumänien telefoniert. Die Gespräche waren nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen, sondern ehrlich und mit viel Transparenz. Zum Beispiel 2 Tage, bevor Tina und Tommy ankamen, teilte die Vermittlerin mir mit, dass Tina sich mit Hautwürmern infiziert hatte. Sie bot mir an, die beiden Hunde erstmal in einer Pflegestelle aufnehmen und untersuchen zu lassen. Es war meine Entscheidung, die beiden doch direkt am Flughafen im Empfang zu nehmen. Bei meinem Tierarzt stellte sich dann heraus, dass Tina Herzwürmer und keine Hautwürmer hatte. Gott sei Dank schlug die Behandlung an und sie wurde schnell gesund. Die Internetseite des Vereins bietet auch viele ehrliche Informationen für interessierte Hundefreunde. Gerade auch zu den Schwierigkeiten, die Hunde aus dem Ausland in der Eingewöhnungsphase und auch darüber hinaus haben können.

Wie war der Moment, als ihr euch das erste Mal gesehen habt?


Sabine: Wir waren total aufgeregt. Wirklich alle, einschließlich der Hunde. Der Flug in der Box, die lauten Geräusche im Flieger, überall neue Menschen und Gerüche – das war für Tina und Tommy purer Stress. Als wir endlich zuhause waren, siegte die Neugier über die Scheu. Nur noch ein bisschen ängstlich erkundeten sie das ganze Haus, um dann schließlich in ihren Körbchen in einen fast komatösen Schlaf zu fallen. Darauf war ich glücklicherweise vorbereitet, denn die meisten Hunde brauchen mindestens 2 Tage, um sich von der Reise und dem Umstellungsstress zu erholen.

Wie haben sich die beiden dann entwickelt?


Sabine: : Sie waren im Haus sehr anhänglich. Tommy war etwas ängstlicher und wollte die ersten 2 Wochen gar nicht nach draußen. Ich musste ihn auf die Straße tragen, damit ich ein paar Schritte mit ihm laufen konnte. Da wir einen großen Garten haben, war das nicht so schlimm, aber selbst dort musste ich ihn hintragen. Ich war motiviert, geduldig und gut vorbereitet und so ging es jeden Tag besser. Ansonsten waren meine beiden Vorzeigehunde, haben nicht gebellt, gingen bei Fuß und haben Artgenossen einfach ignoriert.

Wie ging es nach der Eingewöhnungsphase weiter?


Sabine: Tina und Tommy mussten sich in Rumänien lange Zeit allein durchschlagen. Gerade Tina als Mutter, aber auch Tommy, waren eigentlich selbstbewusste, eigenständige Hunde. Jetzt hatten sie ein sicheres Zuhause und die anfängliche Scheu wich dem wiederentdeckten Selbstvertrauen. Eigentlich war das super, denn sie hatten ihr neues Zuhause gut angenommen, d. h. wir hatten alles richtig gemacht. Leider hatte die Entwicklung aber auch Schattenseiten, denn nach 8 Wochen war es, als ob die beiden plötzlich einen Schalter umgelegt hätten.

Wie hat sich das gezeigt?


Sabine: Die beiden hatten ihren Freiheitsdrang wiederentdeckt und sahen einige Hunde plötzlich als Futterkonkurrenten. Sie liefen viel und gerne weg und fingen an, sich bei Hundebegegnungen fürchterlich aufzuregen. Zumindest, wenn ihnen andere Hunde zu nah auf die Pelle rückten. Mit meinen beiden Labbis Paula und Karl hab ich mich nie mit Erziehungsthemen beschäftigen müssen, aber da brauchte ich professionelle Hilfe. Mit meiner Hundetrainerin habe ich viel gearbeitet, das hat mich wirklich weitergebracht. Aber mit manchen Sachen musste ich mich abfinden, z. B. damit, dass ich die beiden wohl immer an der Schleppleine führen muss. Ihr Freiheitsdrang ist einfach zu stark.

Auf der Homepage des Tierschutzvereins, der Tina und Tommy gerettet hat, hab ich gelesen: Kein Hund ist dankbarer als einer aus dem Tierschutz! Würdest du das unterschreiben?


Sabine: Ja! Wie ich gesagt hab, gab und gibt es sicherlich schwierige Phasen bei uns. Aber die beziehen sich ausschließlich auf unsere Spaziergänge und stehen für mich nicht im Fokus. Ich liebe Tina und Tommy so wie sie sind. Vor allem zuhause geben sie auch viel Liebe zurück, kuscheln gerne und spüren, wenn es einem selbst mal nicht so gut geht. Das ist für mich Dankbarkeit.

Was würdest du Leuten raten, die einen Hund aufnehmen möchten?


Sabine: Obwohl ich das nicht verurteile, käme ein Hund vom Züchter für mich nicht in Frage. Es gibt so viele Tiere, die ein neues Zuhause suchen. Gerade auch in deutschen Tierheimen trifft man auf unterschiedliche Rassen, Größen und Altersstufen, sodass jeder Mensch einen treuen Begleiter finden kann, der ihm auch optisch gefällt. Wer sich einen Welpen wünscht, der wird auch bei Tierschutzvereinen fündig. Das Vorurteil, dass alle Hunde aus dem Tierschutz „schwierig“ sind, lasse ich nicht gelten. Ich kenne nämlich auch Zuchthunde, die einen echten „Knacks“ haben …

Wollt ihr mehr wissen?
Dann schaut mal bei Sabines Tierschutzverein „Hundeliebe-grenzenlos“ rein! www.hundeliebe-grenzenlos.de

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